“Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.” [Marie von Ebner-Eschenbach]

Abstract

Sie möchten Ihre:n Vorgesetzte:n von Ihrer ausgezeichneten Arbeit überzeugen? Oder Sie als Vorgesetzte:r wollen Ihre Mitarbeiter:innen hinsichtlich ihrer Stärken in verschiedene Teams aufteilen?

Das englischsprachige Buch “Competence at Work” von Lyle M. Spencer und Signe M. Spencer kann hier helfen: Dieses Buch zielte in erster Linie darauf ab, Unternehmen und Personalabteilungen die erfolgreiche Auswahl von Mitarbeitenden zu erleichtern. Für verschiedene Tätigkeitsprofile werden notwendige Kompetenzen mit Skalenwerten vorgestellt.

Diese Skalen können Sie jedoch auch dafür verwenden, Ihre eigenen Kompetenzen zu veranschaulichen oder die Ihrer Mitarbeiter:innen nachvollziehbar einzuordnen. Einem meiner Freunde halfen diese Skalen im Investment Banking in London. Er zeigte seinem Vorgesetzten anhand von expliziten Beispielen seine Leistungsorientierung, Wirkung und Initiative. So gab es im Rahmen seiner Bonusdiskussion keine unterschiedlichen Auffassungen mehr bzgl. seiner Leistung.

Skalen für die häufigsten Kompetenzen

Mit den hier vorgestellten Skalen können Sie sich selbst einschätzen. Wenn Ihr Selbstbild sich allgemein nicht zu sehr von dem Bild unterscheidet, welches Ihr:e Vorgesetzte:r von Ihnen hat, bin ich zuversichtlich, dass sich Ihre Einschätzungen in keiner Skala um mehr als einen Rang unterscheiden. Aber selbst im Falle von Abweichungen haben Sie nun die Möglichkeit, die detaillierte Beschreibung des Skalenwertes zu diskutieren oder mit Beispielen zu unterlegen. Dies gilt entsprechend auch für Ihre Einschätzung Ihrer Mitarbeiter:innen.

Die angebotene Datei zeigt Skalen für die häufigsten Kompetenzen in 6 Bereichen.


Leistung und Aktion Hilfeleistung und menschlicher Service Wirkung und Einfluss Führung Kognitiv Persönliche Effektivität
(1) Leistungsorientierung und Umsetzung (5) Zwischenmenschliches Verständnis (7) Maßnahmen um zu überzeugen (10) Entwicklung Anderer (14) Analytisches Denken (17) Selbstkontrolle
(1) Leistungseinfluss (5) Aktives Zuhören (7) Einflussbreite, Vertändnistiefe, Netzwerkgröße (10) Anzahl und Bedeutung der Geförderten/Geführten (14) Größe des adressierten Problems (18) Selbstbewusstsein
(1) Innovationsgrad (6) Kundenorientierung (8) Organisatorisches Bewusstsein (11) Dominanz (15) Konzeptionelles Denken (18) Umgang mit Fehlern
(2) Ordnungssinn, Qualitätsbewusstsein, Genauigkeit (6) Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft (9) Auf- und Ausbau von Beziehungen (12) Teamwork und Kooperation (16) Technisches oder Management-Verständnis (19) Flexibilität
(3) Initiative (12) Teamgröße (16) Breite der Managementexpertise (19) Handlungsgeschwindigkeit
(3) Eigenantrieb, Höhe des eigenen Einsatzes (12) Aufwand oder Initiative um Teamwork zu fördern (16) Erwerb von Expertise (20) Organisatorischer Einsatz
(4) Informationsbeschaffung (13) Teamführung (16) Teilen von Expertise

Technische Expert:innen

Für technische Expert:innen sind die 5 wichtigsten Kompetenzen:


Kompetenz Erklärung Gewicht
Leistungsorientierung und Umsetzung Misst Leistung, verbessert Ergebnisse, setzt herausfordernde Ziele, erfindet 6
Wirkung und Einfluss Verwendet direkte Überzeugung, Fakten und Zahlen, gibt auf die Zuhörenden zugeschnittene Präsentationen 5
Konzeptionelle Denkweise Erkennt Schlüsselhandlungen und ursächliche Probleme, kann Verbindungen und Muster erkennen 4
Analytische Denkweise Erkennt frühzeitig Hindernisse, bricht Probleme systematisch in ihre Bestandteile auf, zieht logische Schlüsse, sieht Konsequenzen und Auswirkungen 4
Initiative Beharrt auf Problemlösungen, kümmert sich um Probleme bevor er/sie damit beauftragt wird 4

Interessanterweise sind Selbstbewusstsein, Ordnungssinn, Teamwork und Kooperation, fachliche Expertise und Kundenorientierung für technische Expert:innen weniger bedeutsam.

Beispiel für die Evaluierung einer Technischen Expertin

Die wichtigsten Kompetenzen für eine:n technische:n Expert:in sind Leistungsorientierung, Wirkung und Einfluss, konzeptionelle Denkweise, analytische Denkweise und Initiative. Sehen wir uns für jede Kompetenz die relevanten Skalen an und ordnen für eine imaginäre Mitarbeiterin ihre Handlungen beispielhaft in diese Skalen ein.

Leistungsorientierung und Umsetzung

Nehmen wir an, die Mitarbeiterin gewinnt ihre Vorgesetzten und einige Kolleg:innen für eine parallele Arbeit an einem Projekt, um dessen Prozesse mit einer anderen Methode zu realisieren. Sie macht dies zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit. Ihr Vorgesetzter und weitere 5 Kolleg:innen beteiligen sich. Die neue Methode ist erfolgreich und neu für das Unternehmen.

Dann wären die Skalenwerte 7, 3 und 2 für diese Skalen zur Leistungsorientierung und Umsetzung erreicht:


Skalenwert Intensität und Vollständigkeit der leistungsorientierten Aktion Auswirkung der Leistung Grad der Neuerung
-1 Kein Standard für Arbeitsqualität
0 Ist auf die Aufgabe konzentriert Macht keine neuen Dinge
1 Will seine/ihre Arbeit gut machen Nur eigene Leistung Neu für die eigene Arbeit oder das Team
2 Arbeitet um die Anforderungen anderer zu erfüllen Beeinflusst 1 oder 2 andere Neu für die Organisation
3 Erzeugt eigene Standards für Arbeitsqualität Beeinflusst eine Arbeitsgruppe von 4 - 15 Personen Neu für die Industrie
4 Verbessert die Leistung Beeinflusst eine Abteilung von mehr als 15 Personen Bahnbrechende Neuerung für Industrie
5 Setzt herausfordernde Ziele Beeinflusst das gesamte Unternehmen mittlerer Größe
6 Stellt Kosten - Nutzen Analysen auf Beeinflusst das gesamte größere Unternehmen
7 Geht kalkulierte unternehmerische Risiken ein Beeinflusst die gesamte Industrie
8 Beharrt auf unternehmerischen Anstrengungen

Wirkung und Einfluss

Wenn die Mitarbeiterin nun mehrere Schritte unternahm und ihre Vorgesetzte und weitere Kollegen zur Überzeugung der Entscheidungsgremien für ihr Parallelprojekt gewinnen konnte, wenn das Projekt das gesamte mittelgroße Unternehmen betrifft, dann sind hier die korrekten Skalenwerte 7 für 3 Aktionen oder indirekte Beeinflussung und 4 für einen Bereich oder ein Unternehmen mittlerer Größe:


Skalenwert Maßnahmen um zu überzeugen Einflussbreite, Verständnistiefe oder Netzwerkgröße
-1 Personalisierte Macht
0 Nicht anwendbar
1 Zeigt Absicht aber keine Tat Eine andere Person
2 Unternimmt eine einzelne Aktion Arbeits- oder Projektgruppe
3 Unternimmt eine 2-Schritt Aktion Abteilung
4 Kalkuliert den Einfluss einer Aktion Bereich oder Unternehmen mittlerer Größe
5 Kalkuliert eine dramatische Aktion Große Organisation
6 Unternimmt 2 Schritte um zu beeinflussen Städtische Behörde oder politische Organisation
7 3 Aktionen oder indirekte Beeinflussung Staatliche Behörde oder politische Organisation
8 Komplexe Einfluss-Strategien Nationale Behörde oder politische Organisation
9 Internationale Behörde oder politische Organisation

Konzeptionelle Denkweise

Die Mitarbeiterin vereinfacht mit ihrem Ansatz komplexe althergebrachte Methoden: Skalenwert 4.


Skalenwert Komplexität und Originalität der Konzepte
0 Verwendet keine abstrakten Konzepte
1 Wendet einfache Regeln an
2 Erkennt Muster
3 Wendet komplexe Konzepte an
4 Vereinfacht Komplexes
5 Erzeugt neue Konzepte
6 Erzeugt neue Konzepte für komplexe Probleme
7 Erzeugt neue Modelle

Analytische Denkweise

Wenn die Mitarbeiterin komplexe Prozesse analysiert und durchplant, die die Produkte einer größeren Unternehmenseinheit betreffen, dann sind die Skalenwerte zweimal 4:


Skalenwert Komplexität der Analyse Größe des adressierten Problems
0 Nicht anwendbar oder nicht komplex
1 Bricht Probleme in seine Bestandteile auf Betrifft die Leistung von 1-2 Personen
2 Erkennt einfache Beziehungen Betrifft eine kleine Arbeitsgruppe
3 Erkennt Mehrfachbeziehungen Betrifft ein andauerndes Problem
4 Macht komplexe Pläne oder Analysen Betrifft die gesamte Leistung
5 Macht sehr komplexe Pläne oder Analysen Betrifft die gesamte Leistung langfristig
6 Macht extrem komplexe Pläne oder Analysen

Initiative

Die Mitarbeiterin hat mit ihrem Ansatz die Herausforderungen des Unternehmens für 5 Jahre gelöst, und sie hat neben ihrem außerordentlichen Einsatz auch andere Kollegen mit einbezogen. Dies sind die Skalenwerte 8 bzw. 6:


Skalenwert Zeitdimension Eigenantrieb, Einsatzhöhe
-1 Denkt nur an Vergangenes Vermeidet notwendige Arbeit
0 Nicht anwendbar oder zeigt keine Initiative Nicht anwendbar oder nicht vorhanden
1 Zeigt Ausdauer Arbeitet unabhängig
2 Adressiert vorliegende Chancen oder Probleme Besonderer Einsatz
3 Agiert entschieden in einer Krise Macht mehr als erforderlich
4 Agiert bis zu 2 Monate voraus Macht erheblich mehr als erforderlich
5 Agiert 3 bis 12 Monate voraus Zeigt außerordentlichen heroischen Einsatz
6 Agiert 1 bis 2 Jahre voraus Bezieht andere ein
7 Agiert 2 bis 5 Jahre voraus
8 Agiert 5 bis 10 Jahre voraus
9 Agiert mehr als 10 Jahre voraus

Führungskräfte

Für Führungskräfte sind die 5 wichtigsten Kompetenzen und Basisvoraussetzungen:


Kompetenz Erklärung Gewicht
Wirkung und Einfluss Verwendet direkte Überzeugung, Fakten und Zahlen, gibt auf die Zuhörenden zugeschnittene Präsentationen 6
Leistungsorientierung und Umsetzung Misst Leistung, verbessert Ergebnisse, setzt herausfordernde Ziele, erfindet 6
Teamwork und Kooperation Partizipativer Führungsstil 4
Analytische Denkweise Erkennt frühzeitig Hindernisse, bricht Probleme systematisch in ihre Bestandteile auf, zieht logische Schlüsse, sieht Konsequenzen und Auswirkungen 4
Initiative Beharrt auf Problemlösungen, kümmert sich um Probleme bevor er/sie damit beauftragt wird 4
Organisatorisches Bewusstsein und Beziehungspflege, Expertise oder spezielle Kenntnisse Basisvoraussetzungen

Erstaunlicherweise sind die Entwicklung Anderer, Selbstbewusstsein, Teamführung und eine konzeptionelle Denkweise für Führungskräfte weniger wichtig.

Teamwork und Kooperation

Im Gegensatz zu technischen Expert:innen müssen Führungskräfte auch verstärkt darauf achten, dass eine Gruppe von Mitarbeitenden als Team agiert und harmonisch und erfolgreich zusammenarbeitet.

Die hierfür relevanten Skalen sind die Intensität der Förderung der Gruppenarbeit, die Größe des betroffenen Teams und der persönliche Aufwand oder die Initiative zur Förderung der Gruppenarbeit.


Skalenwert Intensität der Förderung von Teamwork Größe des betroffenen Teams Aufwand oder Initiative zur Förderung von Teamwork
-1 Unkooperativ
0 Neutral Investiert keinen extra Aufwand
1 Kooperativ Kleine Gruppe von 3 - 8 Personen Macht mehr als Routineaufgaben
2 Teilt Informationen Temporäres oder Einsatzteam Macht wesentlich mehr als Routineaufgaben
3 Drückt positive Erwartungen aus Kleine Abteilung Unternimmt besondere Anstrengungen
4 Schätzt Feedback Große Abteilung von 16 - 50 Personen Motiviert Andere zu mehr als Routineaufgaben
5 Ermutigt andere Mittelgroßes Unternehmen, Bereich eines Großunternehmens Motiviert Andere zu besonderen Anstrengungen
6 Baut ein Team auf Großunternehmen
7 Löst Konflikte

Weitere Generische Kompetenzmodelle

Für mich waren und sind die o. g. generischen Kompetenzmodelle für technische Expert:innen und Führungskräfte am wichtigsten und interessantesten.

Im empfohlenen Buch „Competence at Work“ werden darüber hinaus Modelle für Verkäufer:innen, humanitäre Helfer:innen und Unternehmer:innen vorgestellt:


Modell Wichtigste Kompetenz Zweitwichtigste Kompetenz Drittwichtigste Kompetenz
Verkäufer:innen Wirkung und Einfluss (10) Leistungsorientierung und Umsetzung (5) Initiative (5)
Humanitäre Helfer:innen Wirkung und Einfluss (5) Entwicklung Anderer (5) Zwischenmenschliches Verständnis (4)
Unternehmer:innen Leistungsorientierung, Denken und Probleme lösen, Persönliche Reife, Einfluss, Anleitung und Controlling, Orientierung an Anderen und weitere

Einige Vorsichtshinweise

Generische Skalen können auf jede Stelle angewandt werden - aber sie passen auf keine ganz genau. Manche Kompetenzen können für einen bestimmten Job irrelevant sein. Selbst wenn eine Kompetenz wesentlich für einen Job ist, können einzelne Skalenwerte irrelevant sein.

Die Skalen repräsentieren lediglich die häufigsten Kompetenzen. Besondere Kompetenzen machen 2% - 20% einer Stelle aus. Viele Stellen benötigen besondere Kompetenzkombinationen.

Höhere Ränge auf einer Kompetenzskala sind nicht notwendigerweise besser. Jede Stelle besitzt einen optimalen Rang auf jeder Skala. Höhere Skalenränge können genauso viele Probleme verursachen wie niedrigere.

Literatur

Competence at Work - Models for Superior Performance, Lyle M. Spencer and Signe M. Spencer, John Wiley & Sons Inc., ISBN 0-471-54809-X

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